Geschichte des Vereins
Es war die Witwe Gastner aus Trettendorf, die vor ihrem Tode durch ein Vermächtnis von 1.500 Mark den Anstoß gab, einen Diakonieverein zu bilden. In der Sitzung des Kirchenvorstandes am 21. Juni 1908 war beschlossen worden, für den Pfarrbezirk „Roßstall“ einen Diakonieverein zu gründen. Im Gründungsprotokoll vom 19. Juli 1908 schrieben die beiden Pfarrer Grün und Keller, dass bereits in den letzten zwei Jahren Vorbesprechungen stattgefunden hatten.
In die Sammellisten haben sich 318 Mitglieder eingetragen. Zur Gründungsversammlung selbst waren am 19. Juli 1908, nachmittags 3 Uhr, 81 Männer und 9 Frauen in den Fischhaber'schen Saal gekommen. Mitglieder des Vereins konnten alle Angehörigen der Pfarrei „Roßstall“ ohne Rücksicht auf das Geschlecht werden, welche
- entweder einen einmaligen Stiftungszuschuss von 100 Mark oder mehr leisten, oder
- zu einem regelmäßigen jährlichen Beitrag von mindestens 2 Mark sich verpflichten zu entrichten.
Der Zweck des »Vereins für Gemeindediakonie« war zunächst die Sammlung und Bereitstellung der Mittel für jene Liebeswerke der Inneren Mission, die innerhalb der Pfarrei „Roßstall“ jetzt oder später als notwendig oder wünschenswert sich erwiesen, und sodann die Einrichtung und Leitung solcher Liebeswerke.
Weiter hieß es in § 1 der Satzung: „Der Verein beabsichtigt, eine Hauskrankenpflege, eine Kleinkinderbewahranstalt und eine Schule für weibliche Handarbeiten ins Leben zu rufen.“
In der ersten Hauptversammlung am 7. März 1909 wurde bereits beschlossen, im Laufe des Sommers eine Diakonisse für die Krankenpflege anzustellen. Für sie wurde zunächst ein Zimmer angemietet. Ihr Haushaltsgeld betrug monatlich 25 Mark, ihr monatliches Taschengeld 12 Mark. Die erste Diakonisse war Schwester Elisabetha Müller und trat ihren Dienst am 15. September 1909 an.
Im gleichen Jahr begann auch der Handarbeitsunterricht. Außerdem wurde 1909 die erste Glücksbude auf der Kirchweih aufgestellt. Damit waren die ersten drei Ziele des Vereins bereits im ersten Jahr seines Bestehens erreicht.
Der Kindergartenbetrieb allerdings ließ länger auf sich warten. Erst am 18. September 1912 wurde die Kinderbewahranstalt eröffnet. Für 40 bis 80 Pfennig im Monat konnten die Kinder die Kinderschule besuchen, die von Frau Lina Weihand geleitet wurde.
Innerhalb von nur 5 Jahren hatte der „Diakonieverein“, wie ihn die Roschtler nennen, seine Ziele erreicht.
Kurz nach Ablauf der Gründungsphase brach der 1. Weltkrieg aus. Die Krankenschwester wurde im August 1914 zur Pflege der Soldaten abberufen, die „Kinderschwester“ durfte bleiben. Eine „Gehilfin“, die das Mutterhaus in Neuendettelsau im Oktober 1915 zur Verfügung stellen konnte, erhielt einen Lohn von 12 Mark im Monat; der Verein zahlte ihre Beiträge für die Invaliden- und Krankenkasse.
1919 wurde der Wochenbeitrag je Kind von 20 Pfennigen auf 30 Pfennige erhöht und so langsam zeigten sich im Verfall der Währung die Folgen des verlorenen Krieges: der Mitgliedsbeitrag des Vereins sollte von 2 Mark jährlich auf 10 Mark erhöht werden, was nach Meinung des Kassiers allerdings nicht ausreichte, um den Verpflichtungen nachzukommen.
Im Jahr 1923 brach die Währung vollkommen zusammen.
Die im Diakoniehaus wohnenden Mieter sollten ab Juni 1923 einen Teuerungszuschlag von 8.230 % leisten, das „Wochenschulgeld“ für die Kinder betrugt nun 300 Mark.
Wenig später konnte die „Kinderlehrerin“ nicht mehr nach Hause fahren, die Fahrtkosten stiegen zwischenzeitlich auf 16 Millionen Mark. Der Vorstand „sah es als seine Ehrenpflicht an, das fehlende Fahrgeld zu ersetzen“.
Im September 1923 wurde der Jahresbeitrag für die Mitglieder auf 10 Millionen Mark erhöht; tröstlich war, dass die Zahlung in zwei Raten erfolgen konnte.
1924 festigte sich mit der Einführung der Rentenmark die finanzielle Situation des Diakonievereins.
Die Mobilität der Krankenschwester wurde im Jahre 1927 mit der Anschaffung eines Fahrrades verbessert.
Kaum waren der 1. Weltkrieg und seine Folgen überwunden, brachten ein erneuter Währungsverfall und der 2. Weltkrieg neue Probleme.
Aber der Diakonieverein wäre nicht der Diakonieverein, wenn er nicht auch diese schwere Zeit durchgestanden hätte.
Roßtal und seine Bevölkerung wuchs, und schon bald wurde die alte „Kinderschul“ zu klein. Bereits 1968 fanden die ersten Besprechungen für einen Kindergartenneubau statt. Das war gar nicht so einfach, denn das Landratsamt stellte immer wieder neue Forderungen, die berücksichtigt werden mussten. Aber am 21. März 1971 war es dann soweit: der Kindergarten konnte eingeweiht werden. Die erste Kindergartenleiterin in diesem Gebäude war Bärbel Schmelter.
Der Mehrzweckraum wurde 1978 umgebaut.
Am 30. Juni 2007 geschah dann das Unfassbare: das Kindergartengebäude der »Sonnenblume« wurde durch ein Feuer vernichtet.
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Die Schwierigkeiten der Groß- und Kleinweismannsdorfer, in Roßtal Kindergartenplätze zu bekommen, veranlasste die Bewohner der beiden Ortschaften, für einen eigenen Kindergarten zu kämpfen. Als geeigneter Ort erschien ihnen das leerstehende alte Schulhaus.
Der Markt Roßtal konnte überzeugt werden, dass hier ein Kindergarten vonnöten ist, als Betriebsträger fand sich der Diakonieverein, ein »Förderverein Kindergarten Großweismannsdorf« wurde gegründet und im März 1985 wurde mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Die Zeit drängte, denn am 1. September sollte der Kindergarten eröffnet werden. Klein, aber fein, so präsentierte er sich den Besuchern am Tag der offenen Tür. Klein und fein ist er geblieben und am Tag des 20-jährigen Jubiläums wurde er auf den Namen »Zwergenburg« getauft.
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Um dem Kindergartenplatz-Notstand ein Ende zu bereiten, beschlossen die Verantwortlichen, der Markt Roßtal und der Diakonieverein, einen weiteren Kindergarten zu erstellen. Der Markt Roßtal stellte das Grundstück in der Martin-Luther-Straße zur Verfügung und der Diakonieverein als Bauherr und Betriebsträger erstellte ein schönes, großzügiges Gebäude, in dem 75 Kinder betreut werden. Finanziert wurde der Bau mit Zuschüssen des Landkreises, des Marktes Roßtal, der evang. Landeskirche und großzügigen Spenden aus der Bevölkerung Roßtals. Eingeweiht wurde der Kindergarten am 29. November 1991 und ein paar Jahre später erhielt er den Namen »Regenbogenland«.
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In Buchschwabach war man schon lange der Meinung, dass der Ort einen eigenen Kindergarten braucht. Obwohl noch nicht feststand, dass ein Kindergarten gebaut wird und wer die Betriebsträgerschaft übernimmt, gingen bereits im Januar 1995 die ersten Spenden dafür beim Diakonieverein ein.
Am 11. September 2001 war Grundsteinlegung für ein Kindergartengebäude, das der Markt Roßtal errichtete und dessen Betrieb der Diakonieverein übernahm. Nach nur vier Monaten Bauzeit wurde der Kindergarten am 1. Februar 2002 eingeweiht. Zunächst eine und ab September zwei Gruppen mit je 25 Kindern fühlen sich in diesem Kindergarten sehr wohl, der wegen des vielen Holzes, das verbaut wurde, liebevoll »Holzwurm« genannt wird.
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Das Diakoniehaus in der Richtersgasse 33 ist in die Jahre gekommen (Baujahr 1905!) und bedarf dringend der Renovierung.
Die Ansprüche der Eltern auf einen Kinderkrippenplatz steigen und Bedarf für Krippenplätze wurde durch den Markt Roßtal festgestellt. Vorstand und Beirat des Diakonievereins waren sich schnell einig, die Erdgeschosswohnung im Diakoniehaus für eine Kinderkrippe umzubauen.
Bei diesen Renovierungsarbeiten stellte sich heraus, dass sehr vieles erneuert werden musste: Bad, Heizung, Fenster, Elektroleitungen, Fassade und die größte Überraschung war das Dach: der Hausbock hatte ganze Arbeit am Gebälk geleistet, sodass ein neuer Dachstuhl aufgebaut werden musste. Die Instandsetzungsarbeiten dauern noch an, aber die Kinderkrippe »Pusteblume« konnte bereits am 7. Januar 2007 seine Pforten öffnen.
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Es sind nicht nur die kleinen Kinder, um die sich der Diakonieverein kümmert, sondern auch die kranken und alten Menschen, die in Roßtal wohnen und der Hilfe bedürfen.
Jahrzehnte wurde die Gemeindeschwester von der Diakonie Neuendettelsau gestellt. Einige sind vielleicht noch bekannt: Schwester Wilhelmine Rögele, Schwester Else Mauerer, Schwester Lydia Richter. Doch auch die große Diakonie in Neuendettelsau hat Nachwuchsprobleme und so kam es, dass seit 1995 keine Diakonisse die Diakoniestation Roßtal leitet. Ulrike Schuh, examinierte Krankenschwester, war es, die die schwere Aufgabe hatte, die neu eingeführte Pflegeversicherung in die Praxis umzusetzen. Aller Anfang war schwer, aber inzwischen hat man sich daran gewöhnt, dass jede Pflegeleistung aufgeschrieben werden muss.
Im Januar 1999 zog die Diakoniestation in das neu gebaute »Betreute Wohnen am Jakobsweg« um.
Dieser Umzug brachte auch eine neue Aufgabe mit sich: die Betreuung der Bewohner in der Wohnanlage. In 36 behinderten- und zumeist rollstuhlgerechten Ein- und Zweizimmerwohnungen leben z. Z. 37 Personen. Das Betreuungsangebot der Diakonie bietet Sicherheit durch den 24-Stunden-Notruf und erleichtert das Leben durch persönliche Betreuung und Hilfestellungen in allgemeinen und pflegerischen Belangen. Bei kurzer Krankheit werden die Bewohner 14 Tage von der Diakonie kostenlos betreut und versorgt. Im Normalfall ist es möglich, bis zum Tod im Betreuten Wohnen zu bleiben und gepflegt zu werden. Sing- und Spielenachmittage, Seniorengymnastik und Gottesdienste bereichern das gesellige Leben in der Wohnanlage.
Der Verwaltungsaufwand in der Diakoniestation wurde mit Einführung der Pflegeversicherung sehr groß und konnte ehrenamtlich nicht mehr geleistet werden. Deshalb beschlossen die Diakonievereine Roßtal, Oberasbach und Zirndorf zusammen mit dem Diakonischen Werk Fürth die »Diakonie im Landkreis Fürth gGmbH« zu gründen und in diese Gesellschaft ihre Sozialstationen einzubringen. Der Verein ist an dieser gGmbH mit zwei Gesellschaftsvertretern beteiligt. Seit dem 1.1.2005 wird die Diakoniestation Roßtal zentral in Fürth verwaltet, aber in Bezug auf die Patienten hat sich nichts geändert: es kommen immer noch die gleichen Schwestern und arbeiten mit der gewohnten Sorgfalt.
Fort- und Weiterbildung im Gesundheitswesen sind in den Diakoniestationen der gGmbH ein wichtiges Thema. Mitarbeiter der Diakoniestation Roßtal haben sich in jüngster Zeit auf den Gebieten der Palliativversorgung und der Gerontopsychiatrie weitergebildet. Sie geben ihr Erlerntes an die Mitarbeiter weiter, sodass alle eine gute Sterbebegleitung leisten können und im Umgang mit Demenzkranken den Angehörigen eine wertvolle Hilfe sind.
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Auch bei den Kindergärten war ein Umdenken notwendig. Der hohe Verwaltungsaufwand und seine Kosten veranlassten den Verein, die Betriebsträgerschaften für seine Kindergärten der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Roßtal zu übertragen. Seit dem 1.1.2006 leitet eine Geschäftsführerin das Tagesgeschehen in den Kindergärten.
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Dass der Diakonieverein die Verwaltungsarbeit in andere Trägerschaften abgegeben hat, hindert ihn jedoch nicht daran, sich weiter für die evangelischen Kindergärten und die Diakoniestation einzusetzen und sie finanziell zu unterstützen. Mit den Einnahmen aus seinen Aktionen Grafflmarkt, Losbude, Büchermarkt und der Kaffeestube am Martinimarkt fördert er gezielt Projekte und finanziert Anschaffungen. Ein Teil der Mitgliedsbeiträge wird z. B. dafür verwendet, das warme Mittagessen in den Kindergärten für Kinder zu bezahlen, deren Eltern sich das nicht leisten können.
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Neben den satzungsmäßigen Aufgaben lädt der Diakonieverein zu Vorträgen ein. Referenten informieren in loser Folge zu Themen wie Gesundheit und Alter und auch zu aktuellem Geschehen.
Irmgard Schläger
Roßtal, im Juli 2007